Haben Sie einen Fitnesstracker? Das ist ja ein tolles Gerät: Es misst, wieviel Sie gehen, wie schnell, welche Höhenunterschiede Sie zurücklegen, wie dabei Ihre Kreislaufaktivität ist und so weiter und sofort. In der Regel ist das ganze mit Ihrem Smartphone gekoppelt, worüber dann noch GPS-Daten und eine Hotspot-Karte verfügbar sind. Sie bezahlen also selbst für eine Technik, mit der man untersuchen kann - oder zumindest könnte, was Sie so den ganzen Tag genau machen. Früher, in der prä-Smartphone-Ära, hätte man soetwas wahrscheinlich als "Wanze" bezeichnet.
Jawbone, Misfit, die apple watch, und sogar einige Sport-BHs mit eingebauter Bluetooth-Technik verfügen über die unterschiedlichsten Sensoren, um die verschiedensten Infos über Ihre Tagesaktivitäten zu erfassen.
Man stelle sich einmal vor, es wäre möglich, diese Daten auch noch mit den Vorratsdaten Ihres Telekommunikationsproviders anzureichern... Ach so, das ist ja bereits möglich...
Wer einmal wissen will, was dabei heraus kommt - auch ohne Fitness-Tracker (den es damals noch nicht gab, bzw. nicht verbreitet war), der sollte sich einmal mit dem Experiment des Bundestagsabgeordneten Malte Spitz befassen. Dieser hat 2009 einen 6-Monats-Zeitraum von seinem Provider herausgeben lassen und diese Daten so aufbereitet, daß man im Zeitraffer nachverfolgen kann, was Herr Spitz so macht, mit wem er sich trifft, wann er telefoniert (mutmaßlich auch worüber), wo er übernachtet, ob er mit Zug oder Auto reist und vieles mehr. Auf einer Webseite der Zeit kann man diesen interessanten Versuch nachvollziehen - einfach mal durchlaufen lassen, zurücklehnen und genießen (oder erschrecken?)!
Man stelle sich einmal vor, welche zusätzliche Informationsqualität dieser beeindruckende Datensatz hätte, wenn man ihn noch mit den Daten eines ausgereiften Fitnesstrackers anreichern würde... Ist der Kreislauf während der Podiumsdiskussion ruhig geblieben, oder gab es "Spitzen"? Was war während des Telefonates danach? Hat der Barometer eine Höhenänderung festgestellt, als Herr Spitz sich im Bereich des Hochhauses der x-y AG aufhielt? Bis in welchen Stock? Wie lange war er dort? Waren womöglich andere NFC-fähige Geräte in der Nähe, die einer anderen Person zugeordnet werden können? Haben diese das Haus gemeinsam oder einzeln verlassen? Wohin sind sie gegangen?
Dies sind alles Fragen, die man ohne Probleme mit einem Fitnesstracker zusammen mit dem dazugehören Smartphone oder eine Smartwatch beantworten könnte. Ein Artikel auf "diePresse.de" nannte die Fitnesstracker daher bereits das "Datengold der Zukunft".
Cui bono?
Wem hilft's? Nun, offensichtlich ist der Nutzen für die Branchen, die mit dem Verhalten von Menschen Geld verdienen: Versicherungen. Die ersten Spezialtarife sind ja bereits angedacht für Kunden, die bereit sind, ihre Daten dem Versicherer zur Verfügung zu stellen.
Skurile Beispiele wie die Zahnbürste mit eigenen Datensammel-App sind längst Realität.
Zwar heißt es beispielsweise auf der Webseite von Jawbone zum Thema Datenschutz:
"Jawbone ist der Meinung, dass deine Daten dir gehören"
Trotzdem stellt sich die Frage, ob dieses gewaltige Datenpotential noch sicher ist, wenn es denn erst einmal erhoben wurde. Die Begehrlichkeiten für vorhandene Datenquellen können wir ja sehr schön am Beispiel der LKW-Mautbrücken auf deutschen Autobahnen verfolgen.
Natürlich gibt es immer wieder legitim erscheinende Zwecke für eine Datennutzung. Aber wer sagt mir, daß in einer fernen Zukunft die Beschränkungen, denen wir uns heute unterworfen haben, noch gelten werden?
Kurzum: Eigentlich ist der Traum jedes Geheimdienstes bereits wahr geworden: Die Opfer bezahlen ihre Überwachungstechnik freiwillig selber und erfassen akribisch ihr gesamtes Leben. Nun braucht man nur noch die richtige Stelle "anzuzapfen", um den ganzen Segen auswerten zu können. Die dazu notwendige Technik ist mittlerweile so billig beworden, daß man dafür nichtmals mehr ein unanständig hohes Budget benötigt.
Das alles passiert natürlich nicht wirklich, da es verboten wäre und außerdem niemand Interesse an den Gesundheits- und Aktivitätsdaten des durchschnittlichen Deutschen Michels hat. Oder?
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