Kennen Sie den Toastbrot-Style?
So nennt man spöttisch die vermehrt anzutreffende Gewohnheit, ein Smartphone zum Telefonieren nicht mehr ans Ohr zu halten, sondern flach mit dem Mikrofon voran vors Gesicht - eben wie ein Toastbrot, in das man gleich hineinbeißen möchte.
Woher diese Angewohnheit kommt? Nun, offenbar kommt sie ursprünglich durch das vermehrte Senden von WhatsApp-Sprachnachrichten, bei denen man den „Record“-Button auf dem Bildschirm gedrückt halten möchte. Das dafür ein simples Headset oder eine Smartwatch mit integriertem Mikrofon die weitaus bessere Lösung ist, hat sich offenbar noch nicht herum gesprochen.
Diese Art, das Smartphone vors Gesicht zu halten, wird zunehmend auch bei „echten“ Telefonaten kopiert, auch wenn „echte Telefonate“ als Relikt des 20. Jahrhunderts eigentlich gerade vom Aussterben bedroht sind. Typischerweise wird dann auf „Lauthören“ getippt und das ganze Lokal, der Bus oder wo auch sonst das Telefonat dringend stattfinden muß, mit unterhalten.
Das wirft gleich mehrere Probleme technischer und rechtlicher Art auf.
Kommen wir zunächst zu den technischen Problemen: Das Mikofonsystem eines modernen Smartphones besteht in der Regel aus mindestens zwei Mikrofonen, die mit Bedacht dort angeordnet sind, wo sie nun mal angeordnet sind und durch die Software entsprechend gesteuert werden. Bei den üblichen, „barrenförmigen“ Geräten ist das eine Mikrofon am unteren Gehäuserand nach unten gerichtet, während das andere Mikrofon entweder auf der Rückseite nach vorne schaut, oder am oberen Gehäuserand nach oben. Wenn man das Gerät „normal“ hält, spricht man eigentlich in seine eigene, hohle Hand, von wo aus der Schall direkt in das unten angebrachte Mikrofon übertragen wird. Gleichzeitig werden Umgebungsgeräusche durch die Hand ein Stück weit abgeschirmt. Die Umgebungsgeräusche, die es trotzdem zum Mikrofon schaffen, werden zusätzlich um oberen, zweiten Mikrofon erfaßt und von der Software identifiziert. So, wie ein ANR-Kopfhörer ein Gegenschall-Signal in die Musik mischen würde, mischt das Smartphone ein Gegenschall-Signal in die Sprachdaten. Dazu sollte das Smartphone am besten so gehalten werden, wie es vom Hersteller vorgesehen ist.
Es gibt aber auch ein Problem rechtlicher Art:
Haben Sie schon mal von den Straftaten „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes, § 201 StGB“ und „Verletzung des Post- oder Fernmeldegeheimnisses, § 206 StGB“ gehört?
Der Gesetzgeber geht eigentlich davon aus, daß ein Telefonat ein Vorgang ist, an dem nur zwei Menschen beteiligt sind. Der Anrufer darf sich darauf verlassen, daß nur der Angerufene ihm zuhört und sonst niemand. Ob sich das „Lauthören“ am Smartphone bereits als „Mithöreinrichtung“ im Sinne des Bundesverfassungsgerichts qualifizieren läßt, wurde zwar gerichtlich noch nicht überprüft - ich hätte allerdings keine großen Zweifel. Ob auch die Straftatbestände erfüllt sind, kommt zwar wohl auf den genauen Einzelfall drauf an. Der § 206 kann ja in der Regel durch den an der Kommunikation Beteiligten nicht erfüllt werden - es sei denn, es handelt sich zugleich um innerbetriebliche Kommunikation und die betreffende Person ist z.B. als SysOp mit dem Betrieb einer Telekommunikationsanlage (IP-Voicemail…) betraut. Der § 201 kommt hier schon eher in Betracht, auch wenn eine „unbefugte“ Aufnahme auf Tonträger auch bei einer Audiodatei eher nicht in Frage kommt, da der Anrufer ja „freiwillig“ seine Sprachnachricht aufspricht.
Das BVerfG geht in seiner Entscheidung jedenfalls davon aus, daß das Mithören eines Telefonates durch Dritte dem Anrufer immer angekündigt werden muß - das allgemeine Persönlichkeitsrecht schütze den Anrufer auch insoweit, den Kreis der Adressaten seiner Worte selbst bestimmen zu können. Bei einem heimlichen „Lautstellen“ des Anrufes ist das eben nicht gegeben.
Also: Toastbrot-Style sieht nicht nur behämmert aus, sondern bringt auch einige Probleme mit sich. Vielleicht sollte man im 21. Jahrhundert doch die Möglichkeiten der Technik nutzen und über Headset, Smartwatch oder andere Möglichkeiten nachdenken.
Links:
Coopzeitung - Toastbrot-Style
Techbook - Handy vor dem Mund
Bundesverfassungsgericht - Entscheidung